Wir haben es getan

von Sylke Rossek


... und es war einfach nur das Beste, was wir tun konnten.

Lehrer haben vormittags Recht und nachmittags frei. Dazu kommen noch unverschämt viele Ferien. Trotzdem hängen sie fest - in einer Struktur, in einem zeitlichen Konstrukt, im Hamsterrad. Was aber machen nun Herr Lehrer, wenn er in seinem zeitlich begrenzten Erdendasein einmal in Nepal und nicht gerade zur Regenzeit wandern oder Frau Lehrerin, wenn sie endlich Bruder und Familie entspannt in Neuseeland besuchen wollen?
Sie steigen aus. Für ein halbes Jahr. „Wie ist das möglich, dass so etwas bewilligt wird? Ich denke, wir haben Lehrermangel!?“ fragen überraschte Bekannte aus der freien Wirtschaft. Die Frage stellt sich für uns nicht. Es war möglich. Für uns. Und wer weiß, für wen es noch alles möglich wäre. Aber das kann jeder nur erfahren, wenn er fragt und bereit ist, sich auf die Spielregeln einzulassen.

Heute ist nun der letzte Tag dieser Auszeit. 32 freie Wochen liegen hinter uns. Was für eine unfassbare schöne und wertvolle Zeit, auch ohne Weltreise. „Was ihr wart gar nicht weg?“ Doch, schon. Wir haben lediglich unsere Pläne den Bedingungen angepasst. Alles war nicht möglich, aber doch vieles. Ursprünglich war der Atlantik unser Ziel. Unser Bauchgefühl ließ uns aber in Richtung Südoste

uropa fahren ...
Das lang ersehnte Wiedersehen mit meinem Bruder und seiner Familie musste verschoben werden. Michael jedoch konnte sich seinen langjährigen Traum vom Himalaya erfüllen und verbrachte 6 Wochen in Nepal. Höhepunkt seiner Reise war die Wanderung auf dem Annapurna Treck mit der Überquerung des Thorangla-Passes in 5416 m Höhe.

Aber der Reihe nach. Der letzte Schultag des Schuljahres 2020/21 verlief sehr tränenreich. Kurz vor der Verabschiedung von meiner geliebten 3b erfuhr ich, dass eine langjährige Walking-Freundin den Kampf gegen den Krebs verloren hatte.
Die Verabschiedung von meinen Fröschen zeigte nicht nur mir sehr deutlich, wie stark die Klasse und ich durch diese 3 turbulenten Jahre zusammengewachsen waren. Jetzt, wo wir so gut harmonierten, die Klasse zurückzulassen, war etwas, was ich lange nicht verwinden konnte. Bis in das neue Schuljahr hinein beschäftigte mich die Entscheidung, obgleich sie ja bereits 2 Jahre zuvor getroffen worden war.

Während wir sonst die Sommerferien gut mit Verreisen ausfüllten, hatten wir es diesmal nicht besonders eilig. Um aber auch nicht in Lethargie zu verfallen, sattelten wir schließlich die Räder und begaben uns strampelnd in Richtung Nordwesten. Eigentlich erstmal nur, um unsere jüngste Tochter beim Studium in Lüneburg zu besuchen. Am Ende waren wir 16 Tage unterwegs und saßen über 1000 Kilometer im Sattel. Wir sahen die Havel in die Elbe münden und die Elbe in die Nordsee; radelten durch Hamburg, das Alte Land, Cuxhaven, Bremerhaven, Bremen, Celle und Wolfsburg. Was man halt so macht, wenn man radelnd reisen liebt und Zeit keine Rolle spielt.

Mit unserer Heimkehr nach Hause begannen inzwischen die Vorbereitungen für das neue Schuljahr. Nicht jedoch für uns. Für uns begann endlich das Sabbatical …